Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde,

was war das für ein turbulentes Jahr und auch in der Adventszeit hält uns die Corona-Pandemie nach wie vor in Atem. Nicht nur hier bei uns, sondern europa- und weltweit verbringen die Menschen diese Tage ganz anders als sonst. Wir stehen noch immer vor einer globalen Herausforderung, die wir nicht allein, sondern nur gemeinsam lösen können.

Leider fehlte uns zu Beginn der Pandemie der Mut für eine gemeinsame Reaktion und zu grenzenloser Solidarität. Deutschland und andere EU-Mitgliedsstaaten verhängten Exportstopps und schlossen die Binnengrenzen. Nicht europäische Solidarität, sondern nationale Reflexe und Egoismen konnten wir beobachten.

Ich bin zuversichtlich, dass Europa aus dieser Krise lernt. Der Wiederaufbaufonds „Next Generation“ ist ein guter erster Schritt. Die gemeinsame Aufnahme von Schulden zur Überwindung der Krise zeigt, dass es einen solidarischen Weg aus der Krise gibt. Klar ist aber auch, dass sich die EU insgesamt weiterentwickeln muss: Die Verletzungen fundamentaler Rechtsstaatlichkeitsprinzipien in Polen und Ungarn sind besorgniserregend, ein robuster Rechtsstaatsmechanismus, der die Einschränkung finanzieller Leistungen ermöglicht, muss kommen. Das Taktieren und Blockieren einzelner Staaten darf nicht weiter die EU insgesamt hemmen, besonders in der Migrationspolitik. Die aktuelle Situation in den Flüchtlingslagern ist unerträglich und bleibt eine Schande für unseren Kontinent, auch wenn andere Themen, wie ein möglicher Corona-Impfstoff, zurzeit die Medien dominieren.

Dieser Impfstoff verspricht Hoffnung auf Normalität nach der wir uns alle so sehr sehnen. Und trotzdem dürfen wir jetzt nicht in ein „Europa first“ verfallen, sondern müssen unseren Einfluss in der Welt nutzen, damit auch Entwicklungsländer Zugang zum Impfstoff erhalten. Wenn wir Europäerinnen und Europäer diese Länder jetzt nicht im Blick haben, werden sie vergessen. Nicht nur europäische, sondern auch weltweite Solidarität brauchen wir zur Überwindung der globalen Krise.

Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen wir nicht weniger, als die Globalisierung gerecht zu gestalten, damit alle Menschen, auch die Näherin in Bangladesch und der Kakaobohnen-Pflücker in Ghana, vom globalen Wachstum profitieren und dies nicht auf Kosten der Umwelt stattfindet. Unserem Ziel eines gerechten Handels- und Wirtschaftssystems können wir mithilfe fairer Handelsabkommen und einem verbindlichen EU-Lieferkettengesetz näherkommen. Das ist keine Wunschliste für den Weihnachtsmann, das müssen wir 2021 weiter gemeinsam angehen: Wir sind das Bauvolk der kommenden Welt.

Ich wünsche Euch eine schöne Adventszeit und gesegnete Weihnachten.

Euer

Bernd Lange