Entschieden gegen Armut
Niedersachsens entschiedener Einsatz für eine Kindergrundsicherung und gegen Langzeitarbeitslosigkeit waren nur zwei der zahlreichen Bausteine ihrer Politik zur Armutsbekämpfung, die Sozialministerin Cornelia Rundt beim "Mahl der Arbeit" der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) in der gut gefüllten Gaststätte "Verdener Wappen" vorstellte. Nach der Rede der Ministerin beteiligten sich zahlreiche Gäste wie der DGB-Kreisvorsitzende Boris Krahn und der

Armsener Ortsverbands-Vorsitzende des Sozialverbands Deutschlands Friedel Koch an einer lebendigen Diskussion, die von der SPD-Landtagskandidatin und Vorsitzenden des Kreistags-Sozial- und Gesundheitsausschusses Dörte Liebetruth moderiert und mit aktuellen Zahlen aus dem Landkreis Verden unterlegt wurde.

Zuvor hatte der AfA-Kreisvorsitzende Dietmar Teubert die zahlreichen Gäste zum traditionsreichen Mahl der Arbeit begrüßt, darunter auch die örtliche SPD-Bundestagsabgeordnete Christina Jantz-Hermann. Dietmar Teubert wies darauf hin, dass die Idee zu einer solchen Veranstaltung auf den ehemaligen Bundesbauminister Karl Ravens zurückgeht: Der habe vor Jahrzehnten die Idee gehabt, einmal im Jahr rund um den Tag der Arbeit zu Ehren der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu gemeinsamem Essen und politischer Diskussion einzuladen.

Anhand von Beispielen machte Ministerin Cornelia Rundt deutlich, dass die Schere zwischen arm und reich im reichen Deutschland und auch in Niedersachsen immer weiter auseinander klaffe. Besonders von Armut betroffen seien Erwerbslose, Alleinerziehende und kinderreiche Familien. Für die betroffenen Kinder bedeute das weniger Chancen auf ein gesundes Leben und weniger Chancen auf eine gute Bildung. Sozialministerin Cornelia Rundt nannte die Bekämpfung von Armut vor diesem Hintergrund eines ihrer wichtigsten politischen Handlungsfelder. "Wir haben als Landesregierung in den vergangen Jahren bereits viel auf den Weg gebracht, um die Armut zurückzudrängen und wir haben noch mehr vor." Rundt erinnerte, dass Niedersachsen eine Bundesratsinitiative zur Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes mit gestartet hatte, die erfolgreich war. Niedersachsen habe sich gegen die Ausweitung von Minijobs ausgesprochen, die der sichere Weg in die Altersarmut insbesondere von Frauen seien. Das Bundesgesetz zum Abbau von Lohnungleichheit, das dieses Jahr in Kraft treten werde, habe Niedersachsen unterstützt. Rundt machte darauf aufmerksam, dass auch bessere Bedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf der Armutsbekämpfung dienten, weil sie einen Schlüssel zur größeren Erwerbsbeteiligung von Frauen darstellten. Wichtig seien deshalb die Fachkräfteinitiative des Landes und die Koordinierungsstellen Frauen und Wirtschaft des Landes, wie sie auch in Verden Frauen beim beruflichen Wiedereinstieg beraten und gemeinsam mit regionalen Unternehmen eine familienbewusste Personalpolitik fördern. Das Programm zur Förderung der Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt, kurz FIFA, könne auch für Projekte genutzt werden, mit denen geflüchtete Frauen integriert werden.

Im Kampf gegen Kinderarmut setze das Land auf eine ganze Reihe von Angeboten früher Hilfen und Projekten zur bessere Teilhabe von Kindern. "Entscheidend ist aber nicht zuletzt ob Familien mit Kindern finanziell ausreichend abgesichert sind," so die Sozialministerin. Cornelia Rundt berichtete, sie arbeite seit Jahren darauf hin, die Regelsätze für Kinder von Hartz IV-Empfängern endlich transparent und bedarfsgerecht zu gestalten. Im Moment seien die Kinderregelsätze zu gering und das viel zu bürokratische Bildungs- und Teilhabepaket gescheitert. Deutschland zahle zwar viel an familienpolitischen Transferleistungen, aber die über 150 familienbezogenen Geldleistungen seien oft widersprüchlich und auch für Fachleute kaum noch durchschaubar. Außerdem profitierten häufig Kinder von Besserverdienenden mehr als diejenigen aus einkommensschwachen Familien, die es eigentlich viel nötiger hätten. "Weil das Geld offensichtlich nicht bei den Kindern ankommt, die am meisten darauf angewiesen sind, müssen wir umsteuern. Wir brauchen eine Kindergrundsicherung für mehr Teilhabe, Gesundheit und Bildung von Kindern," so Rundt. Jedes Kind solle unabhängig von seiner sozialen und familiären Herkunft einen Rechtsanspruch auf Kindergrundsicherung bekommen, damit endlich auch Kinder aus einkommensschwachen Familien gerecht unterstützt würden. Da sei zwar ein dickes Brett zu bohren, so Rundt, aber der Anfang sei gemacht: Niedersachsen habe eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe durchgesetzt, welche die finanziellen, rechtlichen, organisatorischen und sozialpolitischen Rahmenbedingungen prüft, die für die Einführung einer Kindergrundsicherung wichtig seien. Die erste Sitzung dieser Arbeitsgruppe finde noch im März statt, so Rundt.

Da trotz der guten Konjunktur viele Langzeitarbeitslose bisher nicht so einfach in den allgemeinen Arbeitsmarkt integriert werden konnten, habe das Sozialministerium gemeinsam mit dem Niedersächsischen Wirtschaftsministerium ein 20-Millionen-Programm zum Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit gestartet. 1000 Plätze öffentlicher Beschäftigung und ein Coaching-Programm für diejenigen, bei denen gesundheitliche oder psycho-soziale Probleme den Einstieg ins Arbeitsleben erschwerten, biete das Land.

Auch auf das Thema Altersarmut ging Rundt ein und die riesige Rentenlücke zwischen Männern und Frauen ging Rundt ein und bedauerte, dass die Union auf Bundesebene den guten Vorschlag einer "doppelten Haltelinie" von Arbeitsministerin Andrea Nahles zur Rentenpolitik blockiere. Nahles wolle mit einer Linie das Rentenniveau nach unten begrenzen, so dass es nicht ins Bodenlose fallen könne, und mit einer zweiten Linie die Beiträge nach oben begrenzen.

Zu den Themen, die in der folgenden angeregten Diskussion zur Sprache kamen, gehörten die Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt und im Rentenalter, ein Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit, die Bildungspolitik, die Beschäftigungschancen von Menschen mit Behinderung, und die Anregung, in Werkstätten für Menschen mit Behinderung Mindestlohn zu zahlen. Letztere Idee wollen Cornelia Rundt und SPD-Landtagskandidatin Dörte Liebetruth im nächsten SPD-Regierungsprogramm zur Landtagswahl 2018 verankern.

Angesichts der vielen Wortmeldungen wäre fast die Suppe kalt geworden und der gemütliche Teil des Mahls der Arbeit zu kurz gekommen. Das verhinderte die Bundestagsabgeordnete Christina Jantz-Herrmann: In ihrem Schlusswort wies sie auf die Bedeutung der Bundestagswahl für viele der am Abend diskutierten Gerechtigkeitsfragen hin. Das werde beispielsweise in der Rentenpolitik deutlich, aber auch ein Rückkehrrecht zur Vollzeit werden von der CDU/CSU-Fraktion leider blockiert. Jantz-Herrmann dankte der AfA für ihr großes Engagement. Noch mehr Ideen zur Armutsbekämpfung wurden bei einer herzhaften Hühnersuppe im gemütlichen Teil des Abends weiter diskutiert.