Verden/Landkreis (hm). Es häufen sich die Meldungen, dass die Werkstätten für behinderte Menschen Umsatzsteuer nachzahlen sollen. Darunter auch die Werkstätten im Landkreis Verden, die ihre Befürchtungen und Zukunftsängste mit einem großen Streik vor dem Verdener Rathaus jüngst verdeutlicht hatten. Dabei wurde dem Vorsitzenden der SPD-Kreistagsfraktion Heiko Oetjen (Oyten) schnell klar, dass es sich nicht um ein kreisverdener oder niedersächsisches Problem handelt, sondern um

bundesgesetzliche Regelungen im Steuerrecht, für die Finanzminister Schäuble verantwortlich ist, wenn es um schnelle Abhilfe geht.

Für Kommunalpolitiker Oetjen sind in dieser Angelegenheit das Sozialrecht und das Steuerrecht nicht ganzheitlich weiterentwickelt worden, sondern stehen sich widersprüchlich gegenüber. Hier muss Finanzminister Schäuble mit entsprechenden Gesetzesvorschlägen schnell helfen, damit den Menschen mit Behinderungen ihre Sorgen genommen werden. "Erste Priorität ist bei diesen Arbeiten angesagt", fordert Oetjen für die SPD- Kreistagsfraktion mit Nachdruck.

Heiko Oetjen konkret: "Menschen mit Behinderungen sind in unserer Gesellschaft bekanntlich überproportional von Arbeitslosigkeit betroffen. Die Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) im Landkreis Verden haben nach § 39 SGB IX die gesetzliche Verpflichtung die Leistungs- und Erwerbsfähigkeit der Betroffenen nicht nur zu erhalten, sondern soweit wie möglich an den ersten Arbeitsmarkt heranzubringen und wenn möglich, dort zu integrieren. Diese Aufgabe entspricht eindeutig auch dem Ansinnen der UN-Behindertenrechtskonvention.

Während Produktionsleistungen in den Werkstätten mit sieben Prozent Umsatzsteuern belegt werden, gelte für Dienstleistungen der volle Steuersatz von 19 Prozent. Das wirklichkeitsfremde Steuerrecht unterstelle an dieser Stelle eine Wettbewerbsverzerrung und die volle Leistungsfähigkeit von behinderten Menschen. Für diese Rechtsauslegung hat die SPD-Kreistagsfraktion nicht das geringste Verständnis. Hier setzt das Sozialrecht hingegen die richtigen Maßstäbe, in dem hier von einer deutlichen Einschränkung ausgegangen wird. Folgerichtig werden über das Sozialrecht die Sozialversicherungsabgaben in Werkstätten mit maximal 80 Prozent belastet", erläutere der SPD-Fraktionschef.

Heiko Oetjen macht ferner deutlich: Es geht hier um die zentrale Frage, welche Wirkung der ermäßigte Steuersatz auf Menschen mit Behinderungen und die Aufgabenstellung der Werkstätten hat. Würde das Problem nicht mit oberster Priorität gelöst, bekämen die Werkstätten erhebliche Finanz- und Existenzprobleme, was bei der Demo in der Kreisstadt auch eindrucksvoll verdeutlicht worden ist.

Es könne ja wohl nicht angehen, empört sich Oetjen, dass entweder die spärlichen Löhne der Betroffenen um bis zu 15 Prozent gekürzt werden oder die Sozialhilfeträger beim Kreis und insbesondere Land die Ausfälle über die Sozialhilfe ausgleichen müssten. "Das Ziel eines inklusiven Arbeitsmarktes würde so in weite Ferne rücken und genau das Gegenteil von Inklusion erreichen", findet der SPD-Fraktionsvorsitzende.

In diesem Zusammenhang bezeichnet es Heiko Oetjen gut und wichtig, dass inzwischen der Niedersächsische Landtag mit einstimmigen Beschluss ein starkes Signal an Bundesregierung und Bundestag gesandt hat. "Die SPD-Kreistagsfraktion hofft sehr, dass es am Ende zu einem guten und schnellen Ergebnis und zu einer verbesserten Integration für die gehandicapten Menschen und deren Werkstätten im Landkreis Verden und darüber hinaus kommt, was der erste Arbeitsmarkt auch zu schätzen wüsste", betont Heiko Oetjen abschließend.