Chancen schaffen Chancen
Die "Schere" zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander - dieser Eindruck ist auch bei uns im Landkreis Verden weit verbreitet. Aber stimmt das überhaupt? Ja meint der Wirtschaftswissenschaftler Marcel Fratzscher: "Die Ungleichheit bei Chancen, Einkommen und Vermögen ist in den vergangenen Jahrzehnten auch global deutlich angestiegen, in Deutschland jedoch deutlich stärker als im Schnitt."
Wer jetzt meint, er könnte sich bequem zurücklehnen, weil er mit seinem persönlichen Einkommen und Vermögen gut abschneidet: So einfach ist das nicht. Die Zukunftschancen und der Zusammenhalt unserer Region hängen davon ab, welche Chancen jede und jeder einzelne bei uns im Landkreis Verden bekommt, etwas aus den eigenen Fähigkeiten zu machen. Gute Chancen und soziale Sicherheit für alle schaffen gute Chancen für Wirtschaft und Arbeit in unserer Region - gerade in Zeiten, in denen Fachkräfte immer dringender gebraucht werden.
Seit ich vor ein paar Jahren das erste Mal mit meinem roten Rucksack Ideen für die Landespolitik gesammelt habe, sind mir immer wieder Wünsche nach besseren und gerechteren Chancen begegnet: Die Abschaffung der Studiengebühren gehörte vor der letzten Landtagswahl dazu und die Forderung, dass eine 3. Kraft in Krippengruppen von 15 Kleinkindern endlich durch das Land bezuschusst werden solle. Gute frühkindliche Betreuung und Bildung sollte weniger von der Finanzkraft des Wohnortes abhängen. Für uns als Kreisverdener SPD war es ein großer Erfolg, die Forderung nach der 3. Kraft im SPD-Regierungsprogramm und im rot-grünen Koalitionsvertrag für Niedersachsen verankern zu können. Inzwischen hat die rot-grüne Landesregierung Taten folgen lassen: Schulabgänger können in Niedersachsen wieder studieren, ohne Studiengebühren zahlen zu müssen. Auch in "klammen Kommunen" werden die Kleinsten in den Kinderkrippen nun besser betreut. Denn seit dem 1. Januar 2015 finanziert das Land eine dritte Fach- oder Betreuungskraft in Krippengruppen mit mindestens elf belegten Plätzen. So konnte der gesetzliche Mindestpersonalschlüssel von 1:7,5 bei einer maximalen Gruppengröße von 15 Kindern unter drei Jahren auf 1:5 verbessert werden.
Mit Blick auf die Zukunft und den Zusammenhalt der Menschen in unserer Region sind diese Erfolge von Rot-Grün in Niedersachsen wichtig. Hier sollten wir gemeinsam anknüpfen: Da in fast allen Bundesländern die Armutsquote gestiegen ist, müsste bundesweit eine Kindergrundsicherung eingeführt werden, um bedürftigen Kindern und ihren Familien neue Chancen zu eröffnen. Ein anderes Beispiel, wie viel zu tun ist, sind die vielerorts hohen Kindergartengebühren. Zahlreiche junge Familien haben Probleme sie aufzubringen - vor allem, wenn zwei Geschwister gleichzeitig eine Kita besuchen. Das hat letzte Woche zu lebendigen Debatten auf der Versammlung des SPD-Ortsvereins Kirchlinteln geführt. Am Ende wurde mir mit großer Einigkeit ein neues Anliegen für meinen roten Rucksack mitgegeben, für das ich mich einsetzen werde: Kindergartengebühren sollen landesweit abgeschafft werden. Für junge Familien, die ihre Kinder betreuen lassen möchten, wäre die Abschaffung der Kindergartengebühren zweifelsohne eine große Entlastung. Die frühe Kindheit stellt die Weichen für die späteren Zukunftschancen eines und einer jeden von uns. Ohne Kindergartengebühren könnten Angebote zur frühkindlichen Bildung und Erziehung von noch mehr Familien einfacher genutzt werden. Bis zur landesweiten Abschaffung der Kindergartengebühren ist es vermutlich noch ein weiter Weg mit vielen Hindernissen. Aber auch der beginnt mit dem ersten Schritt.
Dr. Dörte Liebetruth, Kreistagsabgeordnete und stv. SPD-Kreisvorsitzende im Verdener Gespräch