Emlichheim scheint weit weg vom Landkreis Verden. Und doch sollte es uns zu denken geben, was in den vergangenen Jahren dort geschehen konnte und nun bekannt wurde: Über mehrere Jahre hinweg (!) konnten bei einer Einpressbohrung im dortigen Erdölfeld unbemerkt insgesamt 140.000 bis 220.000 Kubikmeter Lagerstättenabwasser in den Untergrund austreten. So etwas wie in Emlichheim darf nicht passieren, aber es ist passiert. Und genau deswegen ist es so wichtig, dass wir uns im Landkreis Verden weiter gemeinsam über Parteigrenzen hinweg gegen die Erdgasförderung in unserer dicht besiedelten Region vorgehen. Solange hier in der Region noch Erdgas gefördert wird, sollte es uns gemeinsam darum gehen, die Risiken der Erdgasförderung wo immer möglich einzudämmen.

Meine Erwartung an die Aufsichtsbehörde Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) ist: Schäden wie der Austritt solch großer Mengen Lagerstättenwasser müssen verhindert werden, bevor sie solch unfassbar große Dimensionen annehmen. Dazu darf das LBEG nicht auf das Wohlwollen von Erdgas- und Erdölindustrie angewiesen sein. Im Wirtschaftsausschuss des Landtages habe ich das sehr deutlich gemacht. Danach hat das LBEG die Meldepflichten für die Unternehmen verschärft. Weitere Schritte müssen dringend folgen.

Leider gibt es noch immer keine Entwarnung, was den möglichen Zusammenhang zwischen der Wohnortnähe zu Erdgasförderstätten und der Häufung hämatologischer Krebserkrankungen angeht. Überdurchschnittlich viele Frauen, die an hämatologischen Krebserkrankungen leiden, leben der sogenannten „Abstandsstudie“ von Ende 2018 zufolge im Umkreis von höchstens einem Kilometer von einer Erdgasförderanlage entfernt. Grundlage für die Berechnung waren Daten aus 15 Landkreisen, darunter die Landkreise Verden Rotenburg. Warum das so ist, muss dringend weiter erforscht werden. Eine weitere Studie im Auftrag des Sozialministeriums dazu läuft. Gleichzeitig müssen wir auch hier und jetzt Konsequenzen aus dem ziehen, was wir wissen:

Solange ein Zusammenhang zwischen der Häufung hämatologischer Krebserkrankungen und der Wohnortnähe zu Erdgasförderstätten nicht ausgeschlossen werden kann, muss die Erdgasindustrie ihrer Verantwortung für die Gesundheit der Menschen hier in der Region anerkennen und auf neue Bohrungen und Vorbereitungen auf neue Bohrungen verzichten, auch im Erlaubnisfeld Unterweser. Von der Landesregierung, allen voran Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, erwarte ich, dass er Druck ausübt auf die Erdgasindustrie für ein solches Moratorium. Der Gesundheitsschutz muss Vorrang haben vor wirtschaftlichen Interessen!

Zweitens muss aber auch der in Niedersachsen mit 100 Metern im Außenbereich und 200 Metern bei Wohngebieten verschwindend geringe Mindestabstand von Erdgasförderstätten zu Wohngebieten vervielfacht werden. Da sich beim in der Abstandsstudie untersuchten Mindestabstand von einem Kilometer Auffälligkeiten ergeben haben, muss der Mindestabstand auf wenigstens zwei Kilometer, am besten deutlich mehr angehoben werden.

Drittens fordere ich, dass die Sicherheit rund um Erdgasförderstätten verbessert wird, solange in Niedersachsen Erdgas gefördert wird. Es freut mich, dass das Niedersächsische Wirtschaftsministerium in diesem Zusammenhang einen Vorschlag aufgreifen will, den ich gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von erdgaskritischen Bürgerinitiativen aus dem Kreis Verden in einem Gespräch mit dem LBEG entwickelt habe: Die Erdgasindustrie soll in einen Fonds einzahlen, damit von unabhängiger Seite mehr Messungen an Erdgasförderstellen durchgeführt werden und Transparenz für die Bevölkerung durch eine Veröffentlichung der Messwerte geschaffen wird. Ziele müssen höhere Sicherheitsstandards und mehr Transparenz bei der Erdgasförderung sein. Wirtschaftsstaatssekretär Dr. Lindner hat mir geantwortet, ihm sei

‚bewusst, dass die in den niedersächsischen Erdgasförderregionen lebenden Bürgerinnen und Bürger ein großes Interesse an einer unabhängigen und möglichst transparenten Kontrolle möglicher Umweltauswirkungen der Erdgasförderung haben. Vor diesem Hintergrund greife ich Ihren Vorschlag der Einrichtung eines industriefinanzierten Fonds zur Durchführung von geeigneten Emissionsüberwachungsmaßnahmen bei der Erdgasförderung gern auf. Ich kann Ihnen versichern, dass ich gemeinsam mit dem Unternehmerverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie e.V. und dem Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz umsetzbare Möglichkeiten einer Messüberwachung von Schadstoffemissionen der Erdgasförderung eruieren und prüfen werde‘

Ich werde im Landtag weiter dafür kämpfen, dass Konsequenzen gezogen werden, aus dem, was wir zum Zusammenhang von Krebshäufung und Wohnortnähe zu Erdgasförderstätten wissen. In Wasserschutzgebieten muss Erdgasförderung schnellstmöglich ganz verboten werden!